vote06 // cdw und LAN kommentieren die Nationalratswahl 2006

Mittwoch, September 27, 2006

tv-duell (11): kpö-hpm...

ungewohnt sachlich verlief die jüngste orf-tv-konfronation am dienstagabend: es diskutierten eu-parlamentarier hans-peter martin und kpö-spitzenkandidat mirko messner, dessen fast akademische ausführungen eine willkomene abwechslung zur üblichen politischen phrasendrescherei darstellten.

durch eine verkürzung der arbeitszeit auf 30 stunden will messner arbeitsplätze schaffen: dieser schritt sei möglich und notwendig, weil immer weniger berufstätige immer mehr aufgaben erledigen müssten. außerdem brauche es einen mindestlohn von 1.300 euro und soziale sicherheit für die wachsende zahl prekär beschäftigter. hans-peter martin will österreich in ein wellness-paradies verwandeln und so für arbeitsplätze sorgen.

einig waren sich die diskutanten, was die bekämpfung von "filz und verhaberung" angeht. messner tritt dennoch für eine "vergesellschaftlichung", also eine art reverstaatlichung, von schlüsselunternehmen wie der post ein. dies sei utopisch, entgegnete martin.

auf sein paradethema eu angesprochen prognostizierte martin eine fortsetzung des "tragischen niedergangs der eu" durch die (bald bevorstehenden) beitritte rumäniens und bulgariens. zuerst müsse die union reformiert werden, "sons gehen wir am schluss alle gemeinsam unter und es kommt zur implosion, wie sie die sowjetunion erlebt hat". messner hingegen hätte nichts gegen einen eu-beitritt von bulgarien und rumänien, sofern die dortige bevölkerung das so wolle.

die kpö trete für soziale gerechtigkeit, umverteilung und partizipative demokratie, betonte messner in seinem schlussstatement. die koaltionsbildung nach der wahl sei ihm ziemlich "wurscht", da alle anderen parteien bestandteil des "neoliberalen eintopfs" wären.

hans-peter martin wies die erneut aufgetauchten vorwürfe der eu-antibetrugsbehörde olaf zurück. er habe nicht ungerechtfertigt mittel für eine sekretariatsmitarbeiterin in brüssel bezogen. "die ermittler haben den vorwurf gegen mich erhoben, weil sie schiss haben vor uns." es handle sich um eine wahlkampfaktion, so martin.

"es lebe die bürgerrepublik" - so versuchte der populist hans-peter martin einen seiner wenigen fernsehauftritte bis zur letzten sekunde zu nützen. gegen den sachlich argumentierenden kpö-spitzenkandidaten mirko messner tat sich martin schwer. er wurde zwar nicht angegriffen, messner blieb allerdings beharrlich und ließ sich bei seinen mitunter langatmigen ausführigen nicht unterbrechen. der heißsporn martin hatte da oft probleme mit der geduld und streute dann schnell ein "das ist doch utopisch" ein. die vorschläge des eu-parlamentariers waren zu einem gutteil alte hüte, die idee, österreich in ein wellness-paradies zu verwandeln und so beschäftigung zu schaffen, entbehrte nicht einer gewissen komik und naivität. mirko messners aussagen und ideen wirkten da viel fundierter, auch wenn der kärntner ingrid turnher auf unangenehme fragen hinsichtlich kommunistischer ideologie und programmatik manchmal nicht so recht antworten wollte. was positiv auffiel, war die diskussionskultur. von der kann sich zum beispiel ein peter westenthaler ein scheibchen abschneiden. (cdw)