vote06 // cdw und LAN kommentieren die Nationalratswahl 2006

Freitag, August 25, 2006

was zu erwarten war...

nach dem zahntechniker strache und dem ingenieur westenthaler war diesmal der universitätsprofessor und grüne bundessprecher alexander van der bellen zu gast im sommergespräch mit gabi waldner. als „großer freund der ironie“ angekündigt fühlte sich dieser sogleich nach einem vergleich mit einem schlafwaggon etwas gekränkt, dennoch sollte diese aussage waldners den folgenden netten kaffeeplausch ohne wesentliche konflikte und höhepunkte nicht stören. der bekannte small-talk am anfang ließ bereits anklingen, dass nach den emotionalen und aggressiven debatten der beiden letzten sommergespräche nun das sich-gegenseitig-ausreden-lassen angesagt war, weshalb sich van der bellen auch wie gewohnt zeit für seine antworten lassen konnte.

der sachthemen-block begann mit dem omnipräsenten pflegethema, bei welchem das konzept der grünen mit den schlagwörtern „entkriminalisierung – legalisierung – unterstützung – organisation“ beschrieben werden kann. so forderte der grüne spitzenkandidat im konkreten eine gesetzliche befreiung der angehörigen von eventuellen strafdrohungen, eine legalisierung der illegal in österreich arbeitenden ausländischen pflegekräfte, eine finanzielle unterstützung der pflegebedürftigen sowie mehr transparenz in der organisation des pflegemarktes und hob sich mit diesen seriösen lösungsvorschlägen abseits großer populistischer töne von den bisherigen sommergesprächen seiner mitbewerber ab.

der zweite teil der sachthemen beschäftige sich mit den grünen themen umwelt und energie. tempo 100, wie es die oberösterreichische landesregierung rund um den grünen umweltlandesrat anschober auf einem teilstück der a1 einführt, sei bei gesundheitspolitischer notwendigkeit auch in weiteren teilen österreichs denkbar. im grünen ökosteuermodell ist kein platz mehr für die steuerliche begünstigung von diesel gegenüber benzin. und zu guter letzt würden die grünen in der regierung eine energiewende hin zu erneuerbaren energieträgern fordern und fördern, was auch positive arbeitsmarktpolitische aspekte mit sich bringen würde.

im letzten teil der sachthemen wurden mögliche koalitionsbedingungen erörtert. die abschaffung der studiengebühren sei für das grüne ziel der erhöhung der anzahl der studierenden um 50% essentiell. eine verbesserung der schulen sei ebenso wichtig, van der bellen sieht hierbei die akute notwendigkeit der „größten bildungsreform der zweiten republik“ und hegt große sympathien für das modell der gesamtschule. in bezug auf einen ausstieg aus dem eurofighter-vertrag hofft van der bellen, dass diese nicht termingerecht per 1. juli 2007 geliefert werden können und sich somit eine ausstiegsmöglichkeit ergibt. auf jeden fall stellen die eurofighter als „unsinnigste geldverschwendung der zweiten republik“ ein riesenproblem in einer möglichen koalition mit der övp dar. abschließend versuchte gabi waldner noch erfolglos dem grünen spitzenkandidaten in anbetracht der regenbogen-koalition bei der wahl des neuen orf-generaldirektors weitere allianzen mit dessen „politischen feind“ hc strache schmackhaft zu machen und ihm eine präferenz für rot-grün oder schwarz-grün herauszulocken, was jedoch – wie erwartet – misslang.

alles in allem ein sommergespräch, welches so verlief wie man es erwarten konnte. sachlicher, freundlicher und weniger emotional als die vorhergehenden – gabi waldner als nette gastgeberin und alexander van der bellen als aufmerksamer und anständiger gesprächspartner in seiner paraderolle. van der bellen dürfte somit seine wähler überzeugt haben, ob er viele neue wähler gewonnen hat ist jedoch zu bezweifeln. ebenso bleibt noch die frage, wie sich der grüne bundessprecher mit seiner stoischen ruhe in den tv-duellen mit den durchaus aggressiveren herren strache und westenthaler schlagen wird... (LAN)

update eine stunde später:
dass die övp für sachthemen nicht zu begeistern ist, zeigt sie mit ihrer mit "la le lu..." titulierten pressemitteilung, welche um 22:17 uhr die lichtenfelsgasse verließ:

Wien, 25. August 2006 (ÖVP-PD) Eine Stellungnahme des ÖVP- Pressedienstes zum ORF-Sommergespräch des Grünen Bundessprechers Alexander van der Bellen ist leider nicht möglich, da um 21.47 Uhr auch der letzte Mitarbeiter der ÖVP-Presseabteilung eingeschlafen ist.


ob diese pressemitteilung einen misslungenen versuch witzig zu sein darstellt oder als indiz für die von den politischen mitbewerbern des öfteren festgestellte arroganz der kanzlerpartei gewertet werden kann, darüber sollten wir am besten eine nacht schlafen... (LAN)

foto: die grünen